Einführung Schrittmacher

Das Thema Herzschrittmacher ist für oft für jene, die nicht rhythmologisch tätig sind, schwierig. Dennoch sind Hausärztinnen und Hausärzte, aber auch viele andere nicht-kardiologische Fachrichtungen, immer wieder mit Patienten mit Herzschrittmachern konfrontiert.

Im Folgenden sollen die zugrundeliegenden Prinzipien erläutert werden, um klinisch tätigen Ärztinnen und Ärzten, Wissenschaftler(inne)n sowie Studierenden das Verständnis für die Thematik zu vermitteln.

Zunächst soll der Begriff definiert werden, um − bei all den Detailvarianten, Subtypen und Geräteklassen − nicht das "große Ganze" aus den Augen zu verlieren.

Defintion

Ein Herzschrittmacher ist ein Gerät, welches einen funktional sinnvollen Herzrhythmus gewährleistet, mit dem Ziel einer hämodynamisch stabilen Situation.

Die Hämodynamik ist abhängig von einer situativ adäquaten Herzfrequenz. Es sei erinnert:

Arterieller Blutdruck = Herzzeitvolumen * totaler peripherer Widerstand (Gesamtheit des Widerstands, den das Gefäßsystem dem Herz entgegensetzt)
und
Herzzeitvolumen = Herzfrequenz * Schlagvolumen

Inadäquate Herzfrequenz heißt: der Situation nach deutlich zu niedrig oder zu hoch. Beispiel: Deutlich zu geringe Herzfrequenz während sportlicher Aktivität oder deutlich zu hohe Frequenz in völliger Ruhe. Eine inadäquate Herzfrequenz führt zu einem inadäquaten Blutdruck und damit zu einer Minderversorgung.

Bei der Bradykardie sinkt das Herzzeitvolumen wegen zu geringer Herzfrequenz. Je nach Ursache der Bradykardie kann auch das Schlagvolumen sinken.
Bei inadäquaten Tachkardien findet entweder überhaupt keine Kontraktion der Ventrikel mehr statt oder die Ventrikelfüllung ist nicht hinreichend, sodass zwar die Herzfrequenz ausreichend, aber das Schlagvolumen praktisch nicht vorhanden bzw. zu gering ist.
Anmerkung: Bei einem Schlagvolumen von 0 ist der Blutdruck rechnerisch ebenso 0 (vollständiges Kreislaufversagen), egal wie hoch die Herzfrequenz oder der totale periphere Widerstand ist − denn jede Multiplikation mit 0 ergibt auch wieder 0.

Üblicherweise werden die Auswirkungen und klinischen Folgen von Herzrhythmusstörungen natürlich nicht anhand des Blutdruckes ausgedrückt.
Die Betrachtung ist also modellhaft und berücksichtigt weder das Verhalten des Gefäßsystems, noch der Niere, der Lunge oder auch die Mechanik des Arbeitsmyokards.
Trotzdessen lässt sich die gesamte Thematik so deutlich besser erfassen und anhand einer Messgröße (systemischer arterieller Blutdruck) ausdrücken.

Die Reduktion auf den arteriellen Blutdruck als Messgröße der Organperfusion verdeutlicht jedoch eine Frage, die für die Indikationsstellung entscheidend ist: Ist der Patient symptomatisch?

Diese Frage ist sehr häufig ganz entscheidend um zu klären, ob eine Schrittmacherversorgung überhaupt notwending ist.

Indikationen

Unterschieden werden absolute und relative Indikationen.

Für die Indikationsstellung gilt grundsätzlich:
Hat eine Patient eine Herzrhythmusstörung, die asymptomatisch ist und droht ihm aufgrund dieser Störung keine relevante Symptomatik, liegt keine Indikation für einen Schrittmacher vor.
Beispiel: Ein dauerhaft bradykarder Grundrhythmus bei einem Leistungssportler ist keine Indikation für einen Schrittmacher, da dem Patienten üblicherweise keine relevante Symptomatik droht. Manche Sportler haben eine Ruhe-Herzfrequenz von gerade einmal um die 45. Da die Herzfrequenz über Jahre (manchmal Jahrzehnte) gesunken ist, hat sich der gesamte Organismus − Herz, Gefäßsystem, neurohumorales System − an diesen Zustand angepasst.

Absolute Indikation für einen Herzschrittmacher besteht vor allem in folgenden Fällen:
- AV-Block III°, auch bei asymptomatischen Personen, weil der Ersatzrhythmus bei Belastung nicht ausreicht
- Sick Sinus-Syndrom (siehe Link: Exkursmaterial, Sick Sinus-Syndrom), einschließlich Bradykardie-Tachykardie-Syndrom
- chronotrope Inkompetenz (unzureichende Herzfrequenzsteigerungen bei Belastung)

Relative Indikationen sind:
- symptomatische Bradykardie oder Bradyarrhythmie
- AV-Block II°
- Karotissinus-Syndrom
- Herzinsuffizienz bei einer Ejektionsfraktion ≤35% trotz optimaler medikamentöser Therapie bei Vorliegen eines kompletten Linksschenkelblocks oder Rechtsschenkelblocks mit Sinusrhythmus
- Herzinsuffizienz mit einer Ejektionsfraktion ≤35 % bei Z.n. akutem Myokardinfarkt/ischämischer Kardiomyopathie
- Sekundärprophylaxe bei erhöhtem Risiko für plötzlichen Herztod nach überlebtem Kammerflimmern

Außerdem ...
- kongenitale oder erworbene Kardiomyopathien bzw. Herzerkrankungen mit hohem Risiko maligner Herzrhythmusstörungen
Anmerkung: Zu diesen Erkrankungen zählen bsps. arrhythmogene rechtsventrikuläre Kardiomyopathie, Hypertrophische Obstruktive Kardiomyopathie, Brugada-Syndrom und verschiedene Formen des Long-QT-Syndrom − allesamt seltene Erkrankungen. In solchen Fällen ist die Indikation zur Schrittmacherbehandlung praktisch immer eine Einzelfallentscheidung.

Diese Übersicht lässt nicht erahnen, welche Gerätetypen und Schrittmachertypen nun für welche Indikationen gedacht sind. In den einzelnen Kapiteln zu den verschiedenen Gerätetypen werden die jeweiligen Indikationen explizit aufgeführt.

Weiter geht es mit dem Kapitel zu den Typen und zum Aufbau.